Wolfgang Müller (DE) – Schweine. Fingerübungen für Musik und Gebärdensprache
Aufnahme zum Download: Susanne Kessel, piano
Wolfgang Müller über sein piano piece „Schweine. Fingerübungen für Musik und Gebärdensprache“
„Für solche Schweine spiele ich nicht!“, rief einst Ludwig van Beethoven, als ein junger Graf während des Konzerts nicht aufhörte, sich mit seiner Freundin zu unterhalten. Er sprang auf und verließ den Salon, so berichtete Ferdinand Ries. Warum ärgerte sich der klavierspielende Komponist? Ganz einfach: weil der junge Graf Beethovens Klavierspiel ignorierte, etwas anderes für ihn wichtiger war.
Dass Beethoven taub war (beziehungsweise ertaubte) gehört zu den vergifteten Komplimenten, die Gehörlose häufig von Angehörigen der hörenden Mehrheit vermittelt bekommen. Dabei haben taube Menschen längst komplexe Gebärdensprachen entwickelt, einschließlich einer eigenen vielgestaltgen Gebärdenpoesie und -kunst. Während der junge Graf buchstäblich nicht hinhörte, sehen Hörende zwar oft mehr oder weniger neugierig oder verstohlen hin, wenn Gehörlose miteinander kommunizieren, preisen die Schönheit der Bewegungen, doch verstehen weder Sprache, Sinn noch Poesie. Sie sehen hin, aber „hören“ nicht zu. Wie beim Klavierspiel, sind auch beim Einsatz der Gebärdensprache alle zehn Finger beteiligt. Die Komposition Schweine.
„Schweine. Fingerübungen für Musik und Gebärdensprache“ wendet sich sowohl an gehörlose Dilettanten des Klavierspiels als auch an hörende Dilettanten der Gebärdenpoesie. Sie inkludiert gleichermaßen gehörlose und hörende Kultur, Taube und Hörende, bewegt sich von der akustischen hin zur visuellen Kultur gleich einem Möbius`schen Band.“
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Piano piece „Schweine. Fingerübungen für Musik und Gebärdensprache“ – Aufführungen:
10. Dezember 2016 – Uraufführung – Bonner Kunstverein – Susanne Kessel, Klavier