Rabea Joachim (DE) – Eingeständnis
Rabea Joachim über ihr piano piece „Eingeständnis“:
„Alle finden Beethoven wahnsinnig toll. Nur ich verstehe das nicht so ganz. Man sagt, ich müsse dafür noch älter werden.
Aber das, was ich nicht verstehe, ist nicht seine Musik. Was in Form zahlreicher Anekdoten über seine Persönlichkeit bekannt ist, finde ich oft nicht lustig oder unterhaltsam, sondern es macht mir Angst. Man bewundert Beethoven für seine Leistung und Genialität, man übt sich in Nachsicht mit seinen menschlichen Schwächen. Er ist ein riesiges musikalisches Denkmal, ein Genie, das es zu verehren gilt, egal wie erschreckend es sich den Überlieferungen nach benommen hat.
Es war für mich zunächst sehr schwierig, für dieses Denkmal ein Stück zu schreiben – doch auf der Suche nach Menschlichkeit ist mir dann ein Zitat begegnet, das in seiner schlichten Aufrichtigkeit Beethoven für mich nahbarer gemacht hat. Er soll gesagt haben, nichts sei unerträglicher, als sich die eigenen Fehler einzugestehen. Damit ist er nicht allein, wenngleich es sicherlich auch Menschen gibt, die mit Eingeständnissen kein Problem haben. Man hört jedoch häufig Ratschläge, die besagen, man solle „nach vorn gucken“, „positiv denken“, „nicht zweifeln“ – als wäre es nicht nur unerträglich, sondern auch noch schädlich, sich mit den eigenen Fehlern oder Schwächen zu beschäftigen.
Was, wenn Rückblicke, Zweifel und Eingeständnisse, so „unerträglich“ sie sein können, eigentlich sehr gesund sind? Wenn wir aus ihnen letztendlich mehr Stärke ziehen als aus unseren erfolgreichen Momenten?
So kam ich dazu, für Beethoven das Stück „Eingeständnis“ zu schreiben; es ist ein meditativer und akzeptierender – statt „unerträglicher“ – Rückblick auf eigene Fehler und Schwächen.“
„Eingeständnis“ – Aufführungen:
2. Februar 2020 – Uraufführung – Frauenmuseum Bonn – Susanne Kessel, Klavier
Rabea Joachim (*1995)
Rabea Joachim wurde im Ruhrgebiet geboren. Zusätzlich zu einer früh begonnenen Ausbildung in den Fächern Violine und Klavier erhielt sie mit dreizehn Jahren ihren ersten Kompositionsunterricht bei Prof. István Nagy. Es folgte Kompositionsunterricht bei Prof. Martin Christoph Redel im Rahmen ihres Jungstudiums an der HfM Detmold. Ihren Bachelor in Komposition absolvierte Rabea Joachim an der Folkwang Universität der Künste Essen bis 2019 bei Prof. Günter Steinke und Prof. Dietrich Hahne. Weitere wichtige Impulse erhielt sie durch Prof. Moritz Eggert und Prof. Peter Michael Hamel.
Neben ersten Preisen und einem Bundespreis bei Jugend Komponiert gewann sie 2015 den Opus-One-Wettbewerb der Berliner Philharmoniker. In diesem Zusammenhang spielte das Sharoun-Ensemble die Uraufführung des prämierten Oktetts in der Berliner Philharmonie. Zum 30jährigen Jubiläum der Reihe „unerhörte Musik“ führte das Berliner Modern Art Ensemble ihr Klaviersextett erstmals auf. Weitere Uraufführungen von Ensemble- und Orchesterwerken erfolgten unter anderem bei den Festivals „Semanas Musicales“ in Frutillar, Chile, dem „Space City New Music Festival“ in Houston, USA, und den „Weimarer Frühjahrstagen für Neue Musik“.
Ihre ersten Bühnenwerke schrieb Rabea Joachim für die Neuköllner Oper in Berlin, parallel dazu entstand ihre moderne Fortsetzung der Kinderoper „Brundibár“ für die Opera Factory am Theater Freiburg.